Tage, an denen der Wecker nicht schellt, sind bessere Tage. Jedenfalls beginnen sie besser. Nicht nur, weil es freie Tage, Feiertage, Ferien oder Wochenenden sind. Sie lassen ein bisschen Freiheit und Selbstbestimmung. Kein Programm, kein Protokoll geben das Tempo vor. Ich tauche langsam aus Traumtiefen oder traumlosem Tiefschlaf. Ein Sonnenstrahl, Regentropfen auf dem Dachfenster, ein Vogelruf, das Miau meiner hungrigen Katze – langsam dringt das Leben in mein Bewusstsein. Doch ich bin noch nicht bereit. Wohlig sinke ich nochmal in mich, in die Wärme der weichen Daunen. Fühle mich aufgehoben, beschützt, hänge der Illusion nach, mich der Welt nicht stellen zu müssen.
Die Kälte, der Berg Arbeit, das aufgeschobene Gespräch, gehen mich alle nichts an. Und die schönen Dinge kommen früh genug, die neuen Schuhe, das Nachtessen mit der Freundin, der Ausflug mit dem Boot, lassen mich in Vorfreude suhlen und Tagträumen.
Doch es gibt auch die Morgen, an denen das Bewusstsein wie ein Blitz einschlägt. Nicht umsonst heisst es böses Erwachen. Eine Krankheit, ein Verlust, ein Abschied ohne Wiederkehr – die Realität holt mich ein, noch ehe ich richtig wach bin. Der Aufschub durch kurzen Schlaf vorbei, das heilende Vergessen weggeblasen, das beklemmende Gefühl des Vorabends allgegenwärtig. Bleischwer die Glieder, nass die Augen. Trotzdem – aufstehen, mechanisch zuerst, wie ein Automat, Hauptsache vorwärts. Aber in der Gewissheit, dass andere Tage kommen werden, mit dem unerschütterlichen Vertrauen in die Zukunft ohne das, es keine Zukunft gäbe.
Frühlings Erwachen auch das heisst es nicht umsonst. Zart spriessendes Grün, schüchtern wärmende Sonnenstrahlen, Vogelstimmen und Grillenzirpen. Ein Windhauch flüstert durchs offene Fenster, Zeit zum Aufstehen. Welch ein schöner Weckruf.
herzlichst
barbara esther
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