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Requiem für ein Spaghetti

Dezember 2020

Abschied. Voraussehbar, nicht traurig, etwas wehmütig. In 25 langen Jahren von der Gewohnheit zum Ritual. Gewohnheiten betten ein, stabilisieren, geben Sicherheit. Gewohnheiten vereinfachen, beschränken, verhindern. Es gilt das Momentum zu erwischen, auf der Kippe zu schubsen, sich der Leere zu stellen. Gewohnheit als treue Begleiterin, wichtiger Inhalt. Ich bin nicht undankbar, ich bedanke mich mit einem Requiem.

Es war Oktober 1995 als ich allein in meiner kleinen Zweizimmerwohnung im Berner Murifeld festsass und den Ausbruch plante. Seither setzten wir uns jeden zweiten Freitag im Monat um den grossen Stubentisch zum Spaghettiessen. Jede und jeder war eingeladen, durfte mitbringen, wer in die Runde passte. Gruppendynamik als Regulatorin. 25 Jahre, sechs Umzüge, zwei Tische und vier Stuhlgarnituren später sassen wir letztmals zusammen. Noch immer mit Stammgästen und neuen Gesichtern. Meine Freundinnen – nicht immer die Männer an ihrer Seite – überlebten all die Jahre, all die Diskussionen, als die Spaghettisaucen und Rotweinflecken. Wir wurden gemeinsam älter, Menopause statt Musenkuss, Diskushernie statt Discotratsch, Roibuschtee statt Rotweinglas. Wir sprachen über Toleranz und Solidarität und gerieten uns in die Haare. Was mit 30 nach dem Kater verziehen war, geht mit 55 gar nicht mehr, allein schon, weil der Kater fehlt.

Nun hat Corona uns eine Pause aufgezwungen, die gelegen kommt. Schicksal macht Sinn, was man allein nicht schafft, passiert dennoch. Pause, durchatmen, ausruhen, Energien wachsen und Neues entstehen lassen. Liebe Spaghetti, ich esse euch immer noch gern, aber nicht mehr am Freitag und nicht mehr am grossen Tisch. Liebe Freundinnen und andere Gäste, ich mag Euch immer noch, aber nicht mehr am Freitag und nicht mehr am grossen Tisch. Nächstes Jahr wird nicht alles anders, aber alles wird besser passen. Wir werden es für uns passend machen, mit dem Risiko, eine neue Gewohnheit zu initialisieren.

 

herzlichst        
barbara esther        

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Zeit zu tanzen

November 2020

Wenn der Herbst nicht gar so bunt ist, die Grenzen nicht allzu weit offenstehen und der Nebel die Sicht versperrt, ist es Zeit tanzen zu lernen. Vor Jahren besuchte ich das Chocolate Café im schottischen Oban. Da stand gross an die Wand geschrieben: «Warte nicht bis der Sturm vorüberzieht, lerne im Regen zu tanzen». Der Satz ist mir seither öfter begegnet, wer ihn «erfunden hat», ist nicht ganz klar. Ich sehe vor meinem geistigen Auge dann immer Gene Kelly mit dem Regenschirm und habe sein «singing and dancing in the rain» im Ohr. Meine Stimmung hebt sich, wird leichter, beginnt zu tanzen…

Mitte November hätten «Sabine and friends» (www.sabinesgarten.ch) mit Ihnen in Saanen zusammensitzen wollen, stricken, diskutieren, Kaffee und Prosecco trinken. Ich wollte Ihnen von den schönsten Schafen der Welt erzählen, Sie in die weisse dichte Wolle greifen lassen und meine Bilder, Kalender und Karten verkaufen. Abgesagt – auch das. Wie finden Sie mich nun, wie finde ich Sie? Ich habe deshalb meine Seite www.passiontextundfoto.ch aufgeschaltet, auf welcher nichts abgesagt ist. Hier finden Sie Texte und Bilder zum Chillen, können vom Sofa aus Karten bestellen und darüber brüten, wem Sie wieder einmal schreiben wollten und wem Sie was schon lange mitteilen wollten und davon träumen, dass Sie eine ganz wundervolle Antwort erhalten werden.

Ich melde mich an dieser Stelle nun öfter mit Ideen und Gedanken. Melden Sie sich auch mit Ihren Wünschen und Träumen – ich werde sie nicht erfüllen, aber Netze spinnen für neue Netzwerke und Kreativität potenzieren, das wäre schön.

Apropos tanzen: Ich tanze Tango, schon lange, eher talentfrei, aber mit Freude und neuen Freunden. Es muss nicht tanzen sein, singen möchte ich auch noch lernen, spinnen habe ich dieses Jahr gelernt.

herzlichst        
barbara esther        

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