Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das wissen wir alle, die meisten kennen das auch. Aber haben Sie schon darüber nachgedacht, ob das gut ist? Seit heute denke ich darüber nach. Seit Christoph Zürcher in der NZZ am Sonntag schreibt, es sei falsch, die Hoffnung nie zu verlieren. Denn wer ohne Hoffnung ist, den kann nichts mehr erschüttern.
Die Frage, ob Hoffnung gut oder ein Übel ist, ist sozusagen eine Urfrage, sie kommt noch vor der Erbsünde, noch vor dem Christentum. Im antiken Griechenland sandte Göttervater Zeus Pandora mit einer Büchse zu den Menschen, um sich am Diebstahl des Feuers zu rächen. Als Pandora die Büchse öffnet, entweichen alle Übel bis auf eins, die Hoffnung. Pandora schliesst die Büchse, bevor diese entschwinden kann. Ist die Hoffnung gar kein Übel, oder aber das grösste aller Übel, wie Friedrich Nietzsche schreibt? Zeus wollte den Menschen die Hoffnung geben, damit sie ihr Leben nicht wegwerfen, sondern sich immer von Neuem quälen lassen. Deshalb ist die Hoffnung in Wahrheit das übelste Übel, schreibt Nietzsche in «Menschliches, Allzumenschliches». Im Christentum hingegen ist es klar, es gründet auf den drei Säulen Glaube, Liebe, Hoffnung.
Ob mit Gott, mit Nietzsche oder mit den alten Griechen, seien wir pragmatisch, gar opportunistisch. Zürcher schreibt, dass Laurence Gonzales in seinem Buch «Deep Survival» herausgefunden hat, dass jene Menschen eine Katastrophe in der Wildnis überleben, welche sich keine Illusionen machen und nicht mit Hilfe rechnen. Jene also, die sich der Realität stellen, und das Beste daraus machen. Wer nicht hofft und wünscht, besinnt sich auf sich selbst, wächst über sich hinaus. Wer sich das Schlimmste ausmalt und Lösungen antizipiert, ist für Unvorhergesehenes gewappnet. Das funktioniert auch bei einfachen Dingen, wie statt hoffen, den Zug zu erwischen, feststellen, dass später auch noch einer fährt. Je mehr Gefühle in einem Wunsch stecken, desto schwieriger wird es, sich von der Hoffnung zu lösen. Wer auf den Anruf des Liebsten wartet, starrt gelähmt auf das Smartphone von unbändiger Hoffnung gequält, dass es endlich klingeln möge. Wer auf ein Wunder hofft, ist bereits verloren, ausser sein Glaube ist so stark, dass ihm wenigstens der Himmel sicher ist.
Ich bin optimistisch realistisch, erlaube mir ab und zu ein wenig Hoffnung, wie einen schönen Traum. Viel weiter als die alten Griechen sind wir nämlich nicht.
herzlichst
barbara esther
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