nichts

Können Sie nichts tun? Nichts machen, nichts denken, nichts sehen, nichts hören. Wann haben Sie es zum letzten Mal versucht? Die Augen geschlossen, aufs Wasser, in den Himmel oder auf eine Wand gestarrt. Den Stecker zu allen Synapsen gezogen. Sich bequem hingelegt, sich entspannt und langsam eingeatmet, ausgeatmet. Sie sind nicht eingeschlafen, Sie haben sich ins Nichts fallen lassen. Erinnern Sie sich ans Loslassen? Wissen Sie, wie sich nichts tun anfühlt? Ich finde, nichts ist schwieriger als nichts tun. 

Mein Kopf ist rastlos, denkt sich eine Geschichte aus, träumt von der nächsten Reise, hält einer Freundin eine fiktive Rede. Nicht, dass er sich nicht nach Nichtstun sehnt. Nichtstun gibt Raum, schafft Platz. Für ein Reset, zum Ausmisten, für einen Neuanfang. Kopf leeren, bis Ebbe ist und die Flut herbeigesehnt wird. Ich wünschte mir ein Ventil auf dem Kopf, mit einem roten Knopf. Vor der Explosion bitte drücken, stünde darauf. Welch Erleichterung den Farben und Formen und Fanfaren, den Flammen, Fontänen und Fürzen zuzusehen, die sich chaotisch befreiten und im All entschwänden.

Ganz leer und rein und leicht hängte ich mich dann unter den Himmel und schaukelte. Und dann lande ich am Strand und lasse mich von der Flut wieder volllaufen. Ich muss nur auf dem richtigen Strand landen, das ist das Wichtigste, glauben Sie mir.

Aus dem Nichts wächst Neues, Reines, Anderes, Vermisstes, Verlorenes. Wenn Durst und Hunger plagen und der Magen leer ist, schmecken Essen und Trinken besser, erlösen, erleichtern, erfreuen.

Nun sagen Sie nicht, Sie hätten keine Zeit zum nichts tun. Wenn Sie keine Zeit haben, haben Sie auch keine Wahl. Wählen aber ist der Anfang der Freiheit.

Ich setze mich jetzt an den See, schaue aufs Wasser. Nichts ist wichtiger, nichts ist schöner, nichts will ich mehr als das Nichts finden im See.

herzlichst
barbara esther

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