Früher oder später erzählen Schweizerinnen und Schweizer am Meer immer von den Bergen. Skifahren, wandern, welche Pisten, welche Wege, welche Berge. Ist es Heimweh, wenn am Abend im Schiff nicht Seemannsgarn, sondern Berglegenden die Runde machen? Wenn Geschichten übers Val d’Anniviers oder das Engadin ausgegraben werden, während die Crew im Mittelmeer, vor den Kanalinseln oder in der Karibik am Anker hängt. Ich habe es bisher nie verstanden, mich immer ein wenig geärgert. Ich fahre ans Meer um Wasser, Wind, Wellen und Wärme zu tanken, den Bergen und mir, vor allem mir, eine Pause zu gönnen. Ich fahre ans Meer, weil hier der Himmel grösser ist.
Seit ich öfter in die Berge fahre, erschliessen sich mir plötzlich Parallelen. Zwei Welten, die zusammenrücken. Ob Wellentäler und Berggipfel, Segelschiffe und SAC-Hütten, sie verbinden Seilschaften, wecken Emotionen, erfüllen Bedürfnisse. Frau sitzt im selben Boot, zieht am selben Strick. Die einen kämpfen gegen Seekrankheit, die anderen gegen Höhenangst. Hier tauchen die Basstölpel, dort kreisen die Bartgeier. Hier begleiten uns Delfine, dort sichten wir Steinwild. Hier fieren wir Schoten, dort sichern wir einander mit Seilen. Und alle kuscheln wir uns am Abend in Schlafsäcke mit schweren Gliedern und leichten Herzen. Und nie ist das Firmament schöner, der Himmel näher und die Sterne leuchtender als in klaren Nächten auf See oder auf dem Berg.
Vor allem aber sind es Gefühle, die Segler und die Bergler verbinden. Zusammen unterwegs, an Grenzen gehen und darüber hinaus, Herausforderungen annehmen, meistern und belohnt werden mit massloser Natur.
In den Buchten vor Sark sind in klaren Nächten das einzig Irdische die Ankerlichter der Segelschiffe. Ich stand in einer solchen Nacht im Niedergang und war berauscht. Sterne ohne Grenzen, die im Meer versinken. Der Himmel am Meer ist zwar nicht schöner, aber definitiv grösser.
herzlichst
barbara esther
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