schneller warten

Warten ist unangenehm, unerträglich und für ungeduldige Menschen eine besondere Herausforderung. Die Wartende meint, Zeit zu vergeuden, Pause vom Leben zu machen. Es vergeht Zeit, die sie eigentlich schon in der Zukunft verbringen möchte. Es wird ihr gewissermassen die Zukunft geklaut.

Ich bin ungeduldig und ich stehe immer an der Schlange an, an der ich am längsten warten muss. Warten hat mit Zeit zu tun. Zeit ist relativ, das wissen wir spätestens seit Einsteins Relativitätstheorie.  Wie schnell die Zeit vergeht, hängt von der Geschwindigkeit ab, mit der ich mich bewege. Je schneller ich mich bewege, desto langsamer vergeht die Zeit. Das ist Physik, das ist Wissenschaft. Die Relativitätstheorie ist gesicherte Erkenntnis. Das Sprichwort die Zeit vergeht wie im Flug, ist also kompletter Unsinn. Dafür werde ich schneller alt, wenn ich im Bett liege.

Meine eigene Relativitätstheorie geht anders. Meine Realität ist, dass die Zeit im Bett, wie im Flug vergeht, die Zeit im Flugzeug sich ewig hinzieht. Wahrnehmung und Naturgesetz können sich auf dem Radius meiner Welt gegenüberliegen. Naturgesetze kann ich nicht ändern, meine Wahrnehmung eigentlich schon. Wenn die Zeit relativ ist, müssen wird das zu unseren Gunsten nutzen lernen. Zeit, die gefühlt zu schnell vergeht, verlängern, und Zeit, die gefühlt zu langsam vergeht, verkürzen. Wenn ich warten nicht mehr als warten, sondern als geschenkte Zeit empfinde, vergeht sie schneller. Statt warten, Tagträumen, die Sonne aufs Gesicht scheinen lassen, mit dem Warteschlangennachbar flirten. Und umgekehrt, wenn die Zeit rast, Intensität schaffen mit innehalten und geniessen.

Eines nur ist gewiss, die Zeit hat nur eine Richtung, immer vorwärts, ohne Rückkehr, ohne Wiederkehr, nur Zukunft. Uns bleibt, die Gegenwart zu leben. Erinnerungen an die Vergangenheit oder Träumen von der Zukunft helfen beim Relativieren, verkürzen beispielsweise die Zeit beim Warten.

herzlichst
barbara esther

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